Aktuelle Informationen über den Hilfskonvoi für Flüchtlinge auf der Balkanroute
am 01. - 02.11.2015
Kurz vor der Abfahrt zur zweiten Fahrt nach Rigonce, haben wir die Nachricht bekommen, dass das Durchgangslager Rigonce, vermutlich aufgrund der negativen Berichterstattungen durch die Medien, geschlossen worden ist. Wir werden deshalb nach Sid fahren, wo es auch ein Durchgangslager an der Grenze zu Kroatien gibt. In dem Lager ist SOS Konvoi ebenfalls seit 2 Wochen vertreten und benötigt dringend Lebensmittel zur Verteilung.

Die Fahrt mit unserem Kleinbus (Transit) sowie einem Transporter (Transit) vom Autohaus Konrad in Erlangen, verlief anfangs ohne Probleme. Beide Fahrzeuge waren gut beladen mit den Einkäufen, die wir bereits am Samstag aufgrund der vielen Spenden machen konnten. Jetzt wussten wir ja genau, was vor Ort gebraucht wird und was, aufgrund der nicht vorhandenen Infrastruktur der Suppenküchen et., nicht verwendet werden kann.

Noch während der Fahrt wurde uns von SOS Konvoi mitgeteilt, dass es Schwierigkeiten an der serbischen Grenze geben könnte. Das sollte sich dann auch so bestätigen. Die serbischen Zoll- und Grenzbeamten erlaubten nicht, dass wir Hilfsgüter zu das Flüchtlingslager bringen und wiesen uns an, sofort umzudrehen. Wir mussten dem schließlich auch Folge leisten, nicht ohne noch mehrfach auf den humanitären Zweck der Fahrt hinzuweisen.

Schließlich fuhren wir wieder nach Tovarnik, dem kroatischen Grenzstädtchen zurück. Inzwischen war es schon dunkel geworden und wir waren sehr enttäuscht. Zufällig ergab es sich aber, dass wir in Tovarnik mit einem Mitarbeiter der UNHCR sprechen konnten. Dadurch entstand der Plan, die Lebensmittel von der kroatischen Seite an das Lager zu bringen. Vielleicht würde sich ja dann eine Möglichkeit ergeben, die Hilfsgüter in kleinere Mengen aufgeteilt und nachts zu den Menschen zu bringen. Auf der Suche nach dem Lager haben wir uns dann verfahren und sind zu einem anderen Lager auf der kroatischen Seite gekommen. Wir haben uns dann spontan entschlossen, die Lebensmittel dort abzugeben - und wir wurden mit offenen Armen empfangen. Kein Vergleich zum Lager Rigonce! Es herrschte ein ruhige Stimmung, die vielen Menschen wurden nicht eingesperrt, es wurde mit ihnen geredet und sie wurden wie Menschen behandelt. Der Koordinator von Roten Kreuz Kroatiens organisierte sofort Helfer, die uns beim Entladen der Fahrzeuge halfen. Es fiel auf, dass die meisten Polizisten, Soldaten und Helfer keinen Mundschutz und keine Handschuhe trugen - die Menschen auf der Flucht mussten sich nicht wie Aussätzige vorkommen. Man redete miteinander und schließlich halfen sogar Soldaten beim Entladen mit. Thomas, der Koordinator erzählte, dass es auch oft vorkomme, dass Soldaten und Polizisten müde Kinder auf den Arm nähmen und dafür sorgten, dass sie z.B. neue Schuhe, Socken oder warme Kleidung bekommen.

Nach einem herzlichen Abschied von den Helfern im Camp fuhren wir nach Tavornik zurück um die Nacht in einer kleinen Pension zu verbringen.

Am nächsten Tag fuhren wir mit leeren Fahrzeugen wieder zur serbischen Grenze und wurden sofort rausgewunken. Aber die Grenzbeamten konnten natürlich keine Lebensmittel mehr finden und mussten uns schließlich passieren lassen. So erreichten wir doch noch das Camp auf der serbischen Seite, aus dem uns der Hilferuf von SOS Konvoi erreicht hatte. Auch in diesem Durchgangscamp herrschte eine andere Stimmung als in Rigonce. Die Menschen fahren mit dem Zug von Mazedonien zum Bahnhof in Sid, wo sie aussteigen und mit Bussen etwa 800 m vor das Durchgangslager gebracht werden. Dann laufen die Menschen in kleineren oder größeren Gruppen aber nicht staatlich organisiert auf einen Hügel, auf dem sich das Lger befindet. Als Helfer oder Besucher läuft (oder fährt) man zusammen mit den Flüchtenden den Hügel hinauf. Manche Flüchtlinge hatten Glück und wurden von Bauern auf ihren Traktoren mitgenommen.
In dieses Durchgangslager kommen pro Tag ca. 5000-6000 Menschen um sich hier ein bisschen auszuruhen und mit Lebensmittel zu versorgen um dann zu Fuß über die wenige hundert Meter entfernte Grenze zu gehen. Hier herrschte aber keine Stimmung aus Angst und Hunger.
Nachdem die Menschen die Grenze überschritten hatten, wurden sie wieder mit Bussen zum Lager gebracht, das wir am Vorabend besucht hatten und wo wir die mitgebrachten Lebensmittel ausgeladen hatten.

Unser Plan: Gut instruiert vom Koch der Teeküche, die kalte und warme Getränke sowie Sandwiches, Süßigkeiten und Obst an die wartenden Menschen verteilte, nach Belgrad in die dortige Metro zu fahren und für die erhaltenden Spenden einzukaufen. Wir waren zu viert fast 5 Stunden beschäftigt, kauften ganze Regale leer und konnten zum Schluß die ca. 100 km lange Fahrt zurück nach Sid antreten. An Bord hatten wir die Menge von 15 vollgeladenen Einkaufswagen. Es war schon dunkel, als wir den Schotterweg zum Camp hinauffuhren. Noch immer kamen sehr viele Menschen mit Bussen an und stiegen den Hügel hinauf. Manchmal konnte man nicht überholen und war umrundet von übermüdeten Menschen und besonders Kindern, die wohl nicht verstehen, warum sie in der Nacht auf den Berg gehen müssen.

Im Lager angekommen, konnten wir einen Teil der gekauften Waren entladen, dann hieß es, dass das Lager geschlossen wird, weil sich Serbien und Kroatien geeinigt haben, dass die Menschen auf der Flucht nicht selbst über die Grenze gehen müssen, sondern die kroatischen Züge die Menschen direkt in Sid abholen würden.

Wir bekamen die Order, die restlichen Lebensmittel in einem kleinen Lager (ein leerstehendes Haus) von SOS Konvoi abzuladen. SOS Konvoi reagierte damit auf die Veränderung auf der politischen Ebene der beiden Länder und versorgt die Flüchtlinge beim Umsteigen von den serbischen in die kroatischen Züge. Die Notwendigkeit hier humanitäre Hilfe zu leisten, ist nach wie vor gegeben. Auch wenn die neueste Veränderung unseren Plan wieder veränderte - solange die Veränderung den Menschen zu Gute kommt - eine gute Veränderung. Wir luden unsere Lebensmittel aus und machten uns zufrieden auf den Weg nach Hause. 

hs